Psalmlieder

Anhang

Anhang zu den Positionen 1-6 von „Psalmgesänge heute“

Zu Position 1

In das GGB wurde mit Nr. 163 Luthers Lied über Psalm 130 aufgenommen, allerdings blieb nur die Leitstrophe unverändert: „Aus tiefer Not schrei ich zu dir ...“. Die beiden anderen Strophen stellen Bearbeitungen dar, wobei die vier Folgestrophen des Originals zu zweien gerafft wurden. Luthers Melodie wurde unverändert übernommen. – Bezüglich des EG ist in Anknüpfung an meine Abhandlung „Martin Luther und die Psalmlieder“ festzustellen, dass von den sieben auf Psalmen fußenden Liedern Luthers fünf aufgenommen wurden. Die gleichen Titel fanden sich auch im EKG von 1950, nämlich "Ach Gott, vom Himmel sieh darein" (EG Nr. 177 / EKG Nr. 273) – "Es wolle Gott uns gnädig sein" (EG 182/EKG 280) – "Wo Gott, der Herr, nicht bei uns hält" (193/297) – "Aus Tiefer Not schrei ich zu dir" (195/299) – "Ein feste Burg ist unser Gott" (201/362).

Zu Position 2

Selbst bei nur 20 Psalmliedern wird deutlich, dass die katholischen Herausgeber für den Psalmlied-Typus offen waren, obwohl er aus dem reformatorisch-lutherischen Kreis stammt. Anders ausgedrückt: Es war Teil der gegenreformatorischen Strategie, derartige Lieder auch für die katholischen Gesangbücher zu nutzen, weil sie sich großer Beliebtheit im Volk beider Kirchen erfreuten. – In der Summe von 60 Psalmliedern im EG sind enthalten: 55 der auf den Seiten 45-47 aufgelisteten Titel, also auch diejenigen, welche nur einen oder zwei Verse eines Psalms aufgreifen.

Darüber hinaus handelt es sich auch bei folgenden Nummern um Psalmlieder mit gereimten Texten: Nr. 432 (Ps 87 auf die Melodie „Wachet auf, ruft uns die Stimme“); Nr. 476 (Ps 8); Nr. 598 (Ps 139). In die Gesamtsumme wurden auch die Lieder Nr. 64 und 323 aufgenommen; beiden liegen mehrere Psalmen zugrunde. Unberücksichtigt blieben weitere Lieder, bei denen ein Psalm bzw. Psalmen den inspirativen Hintergrund gebildet haben könnten; denn sicherlich haben Psalmen auch zu weiteren Liedern oder Strophen angeregt – sozusagen heimlich.

Was zur Kategorie Psalmlieder gezählt werden sollte und was nicht, mag Ansichtssache sein. So oder so würde auch die Summe von 50 Psalmliedern nichts wesentlich anderes aussagen. Es gibt in dieser Kategorie Grenzfälle, im Gegensatz zu Position 3.

Zu Position 3

Im GGB finden sich die 8 Titel unter folgenden Nummern: Lied 227 (Ps 136), 262 (Ps 98), 264 (Ps 138), 269 (Ps 118), 275 (Ps 99), 556 (Ps 47); in dieser Kategorie wurden auch zwei Lieder mitgezählt, die zwar von katholischen Verfassern stammen, jedoch in der musikalischen Faktur des Genfer Psalters gestaltet sind: Nr. 293 (Ps 31), 302 (Ps 61). Das erste dieser beiden Lieder stammt aus der Feder von Caspar Ulenberg.

In der Abhandlung „Der Genfer Psalter - Calvins Antwort auf die Psalmlieder Martin Luthers“ werden im Zusammenhang mit der Verdeutschung des Psautier de Genève die Liederdichter Ambrosius Lobwasser und Matthias Jorissen genannt. Zu diesen sei hier nachgetragen: Von der alten, noch stark vom französischen Sprachduktus bestimmten Lobwasser-Übertragung wurden ins EG nur einige Verse (!) übernommen. In überarbeiteter Form (!) tauchen sie in Lied Nr. 294 (Ps 118) „Nun saget Dank und lobt den Herren“ auf. Reichhaltiger wurde die jüngere Psalmdichtung von Matthias Jorissen ins EG aufgenommen.

Unter den folgenden 14 Liedern befinden sich sieben, die seinen Namen tragen: Nr. 271 (Ps 8), 279 (Ps 66/Jorissen), 280 (Ps 67), 281 (Ps 68/Jorissen), 282 (Ps 84/Jorissen), 286 (Ps 98/Jorissen), 290 (Ps 105/teils Jorissen), 294 (Ps 118), 296 (Ps 121), 298 (Ps 126), 300 (Ps 134/Jorissen), 301 (Ps 136), 524 (Ps 42/43), 597 (Ps 138/Jorissen). Abgesehen davon, dass auch Jorissen seine Texte den Melodien des Genfer Psalters zugemessen hat, erweist sich, dass seine Psalmdichtung die von Lobwasser aus dem deutschen EG annähernd verdrängt hat.

Zu Position 4

Hier wird bewusst davon abgesehen, die 76 Psalmodien des GGB im Einzelnen aufzulisten. Herausgegriffen sei nur der Anfang der Abteilung „Psalmen“ (Nr. 707), wo 47 Psalmodien eine Psalmen-Auswahl mit ansteigenden Ordnungszahlen wiedergeben: Nr. 708 (Ps 1), 709 (Ps 2), 710 (Ps 8), 711 (Ps 12), 713 (Ps 19: V. 2-7), 714 (Ps 19: V.8-15) usw. – In den evangelischen Gesangbüchern kam es erst im vergangenen Jahrhundert zu einer behutsamen Neubelebung des psalmodischen Singens. So wurde in das EKG von 1950 ein der Psalmodie nahes, deutschsprachiges Te Deum (Nr. 137) sowie eine überwiegend psalmodische Litanei (Nr. 138) übernommen. Beide Titel rezitieren jedoch keinen Psalmtext. Die Einheit von Psalmodietechnik und Psalmtext wird allerdings im EG von 1993 in 6 Titeln angeboten: 783.7 (Ps 148), 784.3 (Ps 36), 785.2 (Ps 34), 786.4 (Ps 91), 787 (Ps 23), 788 (Ps 25). Diese 6 echten Psalmodien sind gregorianischen Ursprungs, doch werden sie hier in deutscher Sprache gebetet bzw. singend rezitiert. Sie stehen in der Abteilung „Gottesdienste zu den Tageszeiten (Stundengebet)“. Zwar haben Lieder zu Morgen, Mittag und Abend in evangelischen Liederbüchern eine gewisse Tradition, nicht aber die Stundengebete.

Das rückverweist auf die siebenfachen Stundengebete zu den täglichen Horen, eine rein katholische Tradition. In deren jeweiligem Zentrum stehen von jeher ein oder mehrere Psalmen. Hier haben wir ein Beispiel für die durchgehende katholische Psalmen-Tradition. Neben den oben aufgeführten Titeln gibt es ein nicht geringes Kontingent an weiteren Psalmodien, allerdings ohne Textbezug zu Psalmen. Dieses insgesamt beachtliche psalmodische Potenzial legt die Annahme nahe, dass das evangelische Kirchenvolk an das traditionell katholische Psalmodieren gewöhnt werden soll. Auch seien in diesem Zusammenhang die in das EG aufgenommenen Psalmtexte genannt, die unter den Nummern 702-758 im Wechselprinzip bzw. als Responsorien durcharrangiert sind und entsprechend gelesen werden können.

Damit wird das Vollziehen von Psalmen quasi verordnet. Ausdrücklich sei empfohlen, im EG die Einführungen zu den Abteilungen „Psalmgebete“ (Nr. 701) und „Gottesdienste zu den Tageszeiten“ (Nr. 782) zu lesen. Im Ganzen werden zwei Tendenzen deutlich: Zum Ersten wird den Psalmen im EG 1993 ein deutlich höherer Stellenwert eingeräumt als noch im EKG 1950. Zum Zweiten kommt es zu einer musikalischen Annäherung an das altkatholische Psalmodieren – allerdings in deutscher Sprache, wie in heutigen katholischen Gottesdiensten auch! Diese Tendenz fügt sich in die ökumenisierenden Bestrebungen, die seit dem Zweiten Vaticanum allenthalben deutlich werden. (Nicht weniger wirksam dürfte die ökumenische Annäherung mittels der pop-rock-orientierten Lieder bzw. den sogenannten „charismatischen Liedern“ beider Kirchen sein. Diese haben längst in reformierte sowie in evangelikale Freikirchen Einzug gehalten.) – Zusammenfassend sei bestätigt, dass seit dem Zweiten Vaticanischen Konzil das Näherkommen innerhalb der Christenheit programmiert ist, natürlich auch mittels Musik.

Zu Position 5

Von den sechs ins GGB aufgenommenen Kanons (Nr. 880-885) greift die Hälfte einen oder mehrere Psalmverse auf und lässt sie drei- oder vierstimmig kreisen: Nr. 880 (Ps 145,15), 881 (Ps 113,3), 884 (nach Ps 100,1.2.4). – Das EG enthält dreimal so viele Psalmkanons: Zur Gestaltung von „Eingang und Ausgang“ des Gottesdiensts werden neben anderen Liedern fünf Kanons vorgeschlagen, von denen drei auf Psalmverse bezogen sind: Nr. 172 (Ps 43,3-4), 173 (Ps. 121,8), 176 (Ps 69,33); der Liederreigen in der Rubrik „Loben und danken“ (Nr. 316-340) schließt mit sechs Psalm-Kanons: Nr. 335 (Ps 34,2), 334 (nach Ps 106,1), 337 (ein im Duktus diverser Psalmen inspirierter Text: Ps 72,11; 96,7; 117,1); 338 (Ps 148,12-13); 339 (Ps 57,8); 340 (Ps 104,13). Mit Nr. 456 (Ps 113,3) ist die kanonische Psalm-Dekade des EG vollständig.

Zu Position 6

Sollte es je einem Ohrwurm gelungen sein, sich tiefer ins memorale Netzwerk eingenistet zu haben als das Taizé-Lied „Laudate omnes gentes“ von Jacques Berthier? Dass es im GGB fehlt, liegt daran, dass dieses Lied erst 1978 entstand, also drei Jahre nach Erscheinen des Gesangbuchs. Auch im neuen katholische Gesangbuch hat dieses „Laudate“ seinen Platz. [1] Ebenso das Lied „Laudate Dominum“ sowie 18 weitere Taizé-Lieder. Im EG stehen die drei anderen Psalmspruchlieder unter Nr. 230 (Ps 51,12-13), 461 (Ps 145,15-16) und 595 (Ps 24,1).

Quellen und weiterführende Literatur

[1] Google unter „Abgleich Gotteslob neu und alt“.