Psalmlieder

Musikalische Gegenreformation

Kath. Antworten auf die Lieder der Reformation

Um Missverständnissen vorzubeugen, sei voran gestellt, dass im katholischen Rahmen bereits vor der Reformation geistliche Lieder in der Volkssprache gesungen wurden, etwa bei außerliturgischen Andachten, bei Prozessionen und Bittfahrten, nicht jedoch im Zusammenhang mit den Sakramenten bzw. der Messe. Hier sollte die lateinische Gregorianik verbindlich bleiben. Aber auf längere Sicht nahm nach der Reformation die Verdeutschung des katholisch-liturgischen Ablaufs zu.

Das verlief nicht in allen Diözesen einheitlich. Nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965) hat der Verdeutschungs-Prozess mit dem 1975 erschienenen Gesangbuch „Gotteslob“ (1975) seinen Abschluss gefunden. Es ist in unserem Rahmen nicht möglich, die gesamte Entwicklung in all ihren lokalen Differenzierungen – einschließlich der immer wieder aufgeflammten restaurativen Tendenzen – auch nur im Blick auf den deutschsprachigen Raum darzustellen.

Leopold Zscharnack beschreibt in „Die Religion in Geschichte und Gegenwart“ (RGG), wie die katholische Seite auf die musikalischen Veränderungen im protestantischen Gottesdienst und deren Erfolg reagierte:

"Souterliedekens", Psalm 87 nach der Vulgata

„Durch die evangelische Gesangbuchbewegung wurde auch der Katholizismus der Reformationsländer zur Schaffung ähnlicher Sammlungen veranlasst. Hatte Luther den ersten evangelischen Gesangbüchern die Aufgabe gestellt, ‚das heilige Evangelion zu treiben und in Schwang zu bringen’ (1. Vorrede 1524), so sollten die katholischen nicht zuletzt der werbenden Wirkung jener entgegentreten. Sie griffen dabei nicht etwa nur auf vorreformatorische Lieder (lateinische und deutsche) zurück und boten daneben nicht nur katholische Neudichtungen ... sondern schlossen sich weithin protestantischen Vorlagen an, übernahmen auch, in originaler Fassung oder überarbeitet, protestantische Lieder. Die bekanntesten deutschen katholischen Gesangbücher dieses Zeitraumes sind Michael Vehes ‚New Gesangbüchlein’ ... und Johann Leisentrits ‚Geistliche Lieder und Psalmen’ ..., Ulenbergs ‚Psalmen Davids in allerlei deutsche Gesangsreime bracht’ sind ein Gegenstück zu den reformierten Psaltern, während auf holländischem Boden die erste dortige Psalmenumdichtung, die ‚Souterliedekens’ des Willem van Zuylen van Nijevelt (1540, 33 Auflagen), von den Katholiken mitgebraucht wurde.“ [1]

"Souterliedekens" (Frontispiz)

1540 von Symon Schwan in Antwerpen herausgegeben

Mit Recht spricht Zscharnack davon, dass es darum ging, „der werbenden Wirkung der Reformationslieder“ entgegen zu treten. Insofern ist es durchaus angemessen, dass die Begrifflichkeit „Musik der Gegenreformation“ gebildet wurde, ganz im Sinne von situativer Entschärfung durch Angleichung. – Näheres dazu sowie über die drei oben genannten Liederbuch-Schöpfer kann dem Anhang entnommen werden.

Quellen und weiterführende Literatur

[1] Leopold Zscharnack in: Die Religion in Geschichte und Gegenwart, Band II, Tübingen 1928, Sp. 1079.
[2] Die sogenannten "Souterliedekens" (wörtlich: Psalter-Lieder), niederländische Psalm-Lieder, 1540 in Antwerpen veröffentlicht. Wahrscheinlich durch Willem van Zuylen van Nijevelt herausgegeben.